Dienstag, 17. Februar 2015

Tally Ho!


Kürzlich habe ich einen Radio-Beitrag über das Ende der englischen Fuchsjagd as we knew it gehört: Seit zehn Jahren wird keine Fuchs mehr gejagt, sondern ein Reiter, der anhand eines mit Fuchsurin-getränkten Tuchs (ja, das gibt es) eine Spur legt, die die Hunde folgen, um am Ende feststellen zu müssen, dass ihnen keine saftige Fuchs erwartet, die sie mit ihren zarten Beißerchen auseinander reißen können. Da musste ich daran denken, wie ich über das neue Jagdgesetz der damaligen Labour-Regierung berichten musste und selbst für die deutsche Financial Times an einer Jagd teilnahm. 

Es war sagen wir, eine interessante Erfahrung. Denn ich musste feststellen, dass ich mit meiner Anti-Jagd-Einstellung hochnäsiger war als so mancher Upperclass-Jäger. Die Stimmung vor Ort war mehr wie bei einem Picknick als auf einer blutrünstigen Jagd. Hier und da wurde auf dem Pferderücken ein Päuschen eingehalten - mit einem kleinen Sherry zur Verstärkung, versteht sich. Es nahmen sowohl Sechs- als auch Sechzigjährige teil. Als ein betagter Herr vom Pferd stürzte, der überenthusiastisch über ein Tor gesprungen war, und unelegant in die nächste Pfütze segelte, bürstete er sich schnell ab und setzte sich jovial wieder auf sein Ross. 

Kurzum: Es wurde geritten, gequatscht, die Landschaft bewundert, die letzten Dorfneuigkeiten ausgetauscht, und, ach ja, da war doch was: die Fuchs, bzw. die Fuchsspur. Die Hunde rannten, als hätten sie nie so etwas Aufregendes getan. Die Reiter folgten mit lässigem Enthusiasmus. Alles in allem war es ein unterhaltsamer Ritt, der den größten Teil eines Tages dauerte und bei dem das Wort: "Fuchszerfleischung" nicht einmal zu hören war. 

Entgegen der weitverbreiteten Meinung damals, scheinen sich viele Jagdparteien heute damit abgefunden haben, dass sie kein echtes Tier mehr jagen dürfen. Vielleicht weil der "Sport", der einst von Autoren wie Anthony Trollope zelebriert wurde, in seiner heutigen Form die Sinnlosigkeit dessen spiegelt, was die Jagd lange zu repräsentieren versuchte: den Fortbestand ländlicher Traditionen. Vielleicht auch, weil die meisten Fuchsjäger nicht mehr adliger Toffs sind, die den traditionellen Jagdschrei "Tally Ho!" rufen, sondern erholungsbedürftige, wohlhabende Geschäftsleute aus der Hauptstadt.

...

Auf der Suche nach der Fuchsjagd-Reportage entdeckte ich einige andere Artikel, die ich vor zehn - zehn! - Jahren geschrieben habe. Unter anderem eine Reihe von Kolumnen aus meiner "Fräulein Brown"- Serie in der Frankfurter Rundschau. Diese im Bild rührte mich. Denn meine Heimat ist längst eine andere geworden, auch wenn ich manchmal Schwierigkeiten habe, es zuzugeben: Hamburg.

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