„Wäre es möglich, den
gesamten Text vorab zu sehen?“ Ich recherchiere gerade einen Text über ein
Sportthema. Es geht nicht um den Nahost-Konflikt, noch um die europäische Finanzkrise. Es handelt sich um
keinen Investigationsjournalismus, nur um ein harmloses, wenn auch
interessantes Thema – und dennoch möchte jeder, mit dem ich für den Artikel spreche und zitieren möchte, vorab die Zitate sehen – und am
liebsten natürlich auch den gesamten Text überprüfen. Da es sich bei den Gesprächspartnern
vor allem um Pressesprechern handelt, die darauf trainiert sind, nur das
Richtige zu sagen, frage ich mich, woher dieser Unsicherheit hier in
Deutschland? In den Jahren, in denen ich in London gearbeitet habe, ist es
mir nicht ein einziges Mal passiert, dass ein Interviewpartner die Zitate vor Abdruck gegenlesen wollte. Kürzlich verkündete Jill Abramson, Chefredakteurin der
"New York Times", ihre Zeitung werde keine Zitate mehr von Gesprächspartnern
autorisieren lassen. Das war insofern überraschend, als man dadurch erfuhr,
dass ihre Zeitung die Praxis des Gegenlesens überhaupt zugelassen hatte. Andere
Medien gehen wiederum ganz anders mit dem Thema um: Das "Handelsblatt"
sorgte zuletzt für Furore, als es ein doppelseitiges Gespräch mit einem französischen
Banker abdruckte, von dem nur noch die Fragen gedruckt wurden. Der Manager
hatte das Gegenlesen wohl etwas zu ernst genommen und die Antworten offenbar
mehrfach umgeschrieben. Was also tun? Vielleicht einfach sich als Journalist die
Zeit nehmen, die vielen Mails mit den Sätzen herauszuschicken, die autorisiert werden müssen:
So kann ein Gesprächspartner sicher sein, zu wissen, was von einem ausführlichen
Gespräch in zusammengefasster – und das muss man nun mal sagen, oft leicht
modifizierter Form (wenn auch sinngleich; wortwörtlich wird kaum noch etwas
gedruckt) – in der Zeitung stehen wird. Der Journalist muss nicht fürchten,
hinterher Ärger zu bekommen, weil Gesprächspartner oder –partnerin „das so nie
gesagt hat“. Und der Leser bekommt eine stimmige Geschichte. Alle können gut
beruhigt am nächsten Morgen die Zeitung aufschlagen. Das ist doch auch etwas, oder?
Seit sechs Jahren lebe ich in Hamburg. Und immer noch faszinieren mich hier Dinge, die so anders als in meiner englischen Heimat sind. Warum sind so viele Deutsche tätowiert? Wie kommt es, dass man sich über Kitakosten aufregt, wenn man in London das Dreifache dafür ausgeben muss? Und was für eine Lebensqualität hat man mit dem Elbstrand, wenige Minuten vom Stadtzentrum entfernt! In diesem Blog möchte ich gerne einige meiner Eindrücke und Gedanken als Britin in Hamburg teilen. Happy reading.