Donnerstag, 30. Juni 2011

Müllgeschichten

In der größten Lokalzeitung Hamburgs sah man diese Tage Hamburg gezeichnet im Stile der berühmten Wimmel-Kinderbücher. Thema der Zeichnung: Hamburg als Umwelthauptstadt. Es gab in dem Bild allerhand zu entdecken: Windräder an der Elbe, Elektroautos, die am Rathaus aufgeladen wurden, Schwimmende in der Alster. Nur eines fand ich nicht: Hamburgs berühmte Müllsäcke.

Auch heute, wenn ich aus dem Fenster schaue, sehe ich die: jene Müllsäcke im kräftigen Pink, die auf dem Sandstreifen zwischen dem Bürgersteig und der Straße wie riesige, welkende Blüten herumliegen. Zweimal die Woche werden die Säcke, die in zahlreichen Haushalten in unserem Viertel die Restmülltonnen ersetzen sollen, abgeholt. Tatsächlich sieht man die, mal mehr, mal weniger, die ganze Woche über auf dem Sandstreifen. Sehr zur Freude der Hunde, die diese gerne als Toilette nutzen und die Säcke nachts, oder vielleicht sind es die Ratten, aufreissen, um den Inhalt auf dem Bürgersteig zu verstreuen.

Als ich vor wenigen Jahren von unserem Hausmeister so eine Rolle pinkfarbene Müllsäcke in die Hand gedrückt bekam und erfuhr, dass unser Wohnhaus keine Mülltonnen besaß, war ich fassungslos. Das nach Jahren, in denen Deutschland als Vorzeigeland für Müllverwertung gilt! Gerade bei uns Briten. Ich erinnere mich - es war kurz nachdem wir nach Deutschland zogen - wie die ersten Plastik- und Papierrecyclingsäcke an die Haushalte verteilt wurden. Wie sehr haben wir Kinder darauf aufgepasst, dass unsere Eltern jeden Joghurtbecher brav abspülten und diesen in den gelben Sack warfen. Später, als ich als Erwachsene zurück nach London zog, bemühte ich mich weiter meinen Müll zu reduzieren, während die Dame, bei der ich zunächst untergekommen war, stets vom Supermarkt mit drei oder vier Plastiktüten (obwohl einer es getan hätte) nach Hause kaum und diese nach Auspacken der Ware gleich in den Mülleimer warf. 

Ach ja, England. Das Letzte Mal als ich in London war, hatte jene eben erwähnte Dame sich im Vorgarten einen kleinen Schuppen bauen lassen: Inzwischen, so Mrs. W, hätte die Stadt ihr so viele Recyclingkisten aufgedrückt, dass sie den halben Vorgarten einnehmen würden! Während hier, auch jetzt, wenn ich mit meinem Tee am Fenster stehe, ich wieder Müllsäcke vor der Tür sehe, die keine so sonderlich hübsche Aussicht darstellen, und schon gar nicht nur Restmüll enthalten - in der Umwelthauptstadt Deutschlands.

Montag, 6. Juni 2011

Eine gewisse Vorsicht


Auf dem Wochenmarkt ist es trotz strahlenden Sonnenscheins relativ leer. Erdbeeren und Spargel werden gekauft, so eine Marktverkäuferin mit betonter Lässigkeit; Tomaten „eher weniger“.

Eigentlich sollen doch die Briten Meister im Understatement sein. Dass der Absatz von Tomaten und Gurken im Norden Deutschlands derzeit schleppend läuft, ist wohl untertrieben. Fast täglich sah man in den vergangenen Wochen in den Zeitungen Bilder von Salaternten, die gleich auf den Feldern vernichtet wurden und von Gurken, die die Mülleimer verstopften. Trifft man einen Bekannten auf der Straße, hört man immer wieder den Satz: „Ich gebe dir lieber nicht die Hand“. Panik verspürt man auf den Straßen Hamburgs seit Bekanntwerden des gefährlichen Darmkeims nicht - aber eine gewisse Vorsicht, was Hygienemaßnahmen und Essgewohnheiten betreffen. Auf einer Grillparty gab es neulich statt Rohkostsalat, gedünstete Karotten und Spargel.

Und dann sitze ich am Wochenende am Elbstrand. Der Strand wimmelt von Kindern; Rauchwolken ziehen in den Himmel von den vielen Grills, die in der Sonne blitzen. Es wird im Sand gespielt und gegessen. Und neben mir wischt sich ein kleiner Junge, 4 Jahre alt vielleicht, eine kleine Delle in den Sand, zieht sich die Hose herunter, und pinkelt erst einmal gemütlich im Beisein seiner ebenso entspannte, daneben sitzende Mutter mitten im Geschehen in den Sand.