Zwei Wochen nach Erscheinung bringt die Post ein verspätetes Exemplar
einer deutschen Wochenzeitung. Interessant, alte Nachrichten zu lesen, nach den
bedeutenden letzten Wochen. Auf den Politikseiten taucht Labour-Chef Ed
Miliband auf, der, laut der Zeitung, „der nächste britische Premier werden
könnte“. Im Wirtschaftsbuch erscheint ein Text mit den drei potentiellen
Wahlausgängen der britischen Parlamentswahl. Keiner von diesen
Einschätzungen war richtig.
Wie kann es passieren, dass erfahrene Korrespondenten sich bei einem
so wichtigen Ereignis vertun? Ich will nicht sagen, dass ich weiser bin: Auch
ich nahm die Vorhersagen ohne weiteres an, die besagten, dass keine Partei die
absolute Mehrheit gewinnen würde. Doch selbst von der Ferne war zu erkennen,
dass Miliband es nicht schaffen würde, Premierminister zu werden. In einem
Land, in dem spätestens seit Tony Blair klar ist, dass Charisma vor politischer
Weitsicht liegt.
Tatsächlich war bereits vor einem Jahr klar, dass das angebliche „no
chance“-Ergebnis einer Tory-Mehrheit im neuen Parlament Chancen hätte. Stattdessen überzeugten uns die Meinungsforscher, dass diese Prognose
falsch sei. Und versäumten es – nicht zum ersten Mal - die „shy Tory“-vote
aufzunehmen: die Stimmen der Wähler, die vorhatten, die Konservativen zu wählen
aber dies offenbar nicht zugeben wollten.
Ist dies überhaupt wichtig? Aber ja: Umfragen können Wahlergebnisse beeinflussen.
Siehe die Umfragen in den Wochen vor dem schottischen Referendum. Die sorgten
für Panik in Westminster – und für einige möglicherweise unnötigen Zugeständnisse. Lieber sollte man sich auf tatsächliche Stimmauswertungen verlassen
als auf unzuverlässige Umfragewerte. Zumindest bat ein User des sozialen
Netzwerks Reddit, alle konservativen Nutzer zu erläutern, weshalb sie Tory am 8. Mai gewählt hätten? Diese lobten die Arbeit ihrer konservativen
Abgeordneten und die bessere finanzielle Lage ihrer Familien unter Cameron. Die Wahl zeigt:
Sie wurde aus den gleichen Gründen wie sonst in UK gewonnen - wegen der
Wirtschaft und der politischen Führung.
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